Andalusien
– das bedeutet für mich Sonne, kurze Hosen, gute Freundin, Dornen in den Füßen, Staub, schnelle Pferde,roter Wein, Wildheit und ein großartiges Land. Andalusien berührte mich und begeisterte mich mehr als jeder andere Platz – und ich hatte das Glück da einige Zeit leben zu dürfen.
Eine Begeisterung ist ja nur halb so schön wenn man sie nicht teilen kann, so wollte ich sie gleich vielfach teilen- mit einer Kindergruppe. Auf der Finca meiner Freundin Ulrike Marcik – einer ganz besonderen Frau und Araberzüchterin in Villamartin, einer ganz besonderen Zelle der Reitkunst in Andalusien.
Reitkunst in Andalusien
Und es war andalusisch vom ersten Moment an: Der Bus ließ die Kids drei Stunden am Flughafen warten, der Rucksack war gestohlen, heiß, staubig, wunderbare Pferde – juhu! Wir waren da!
Da es langweilig ist, Kursberichte zu lesen, erzähle ich lieber von unserem schönsten Abenteuer, es war am dritten Kurstag: In der Mittagspause ging ich mit meiner Mit-Kursleiterin Relana Beck ein paar Schritte spazieren um den Nachmittag zu planen. Ich entschied -zum Glück- um den Stutenberg zu gehen. Plötzlich sehen wir zwei füchsige Pferde- Öhrchen aus dem Graben lugen und das hoffnungsvolle Glucksen eines Pferdes aus der Tiefe kommen! Ist das nicht Harfa?
Pferderettung in Andalusien
Die vierjährige Stute muss nachts bei einem Galopp der Stutenherde „aus der Kurve gedriftet“ und in den trockenen tief eingegrabenen Bachlauf gestürzt sein. Harfa ist eine der jungen Vollblutaraberstuten. Leonie durfte sie reiten – ja, es war ein Kinderkurs in dem wir junge Pferde anritten! Aber nun stand Harfa im Graben. Zum Glück scheinbar unversehrt. Nachdem wir ihr zugesichert hatten, dass wir Hilfe holen, liefen wir zurück zum Fincagebäude, „puhlten“ Ulrike aus der Siesta, die Kids aus dem Pool, und auf ging’s. Manche hatten nur noch auf dem Dach des Autos Platz!
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Harfa stand still während wir alle versuchten eine Lösung zu finden. Sie konnte nicht vor und nicht zurück, weil der Graben dicht mit Dornen verwachsen war. Heraus konnte sie schon garnicht- die Ränder waren mehr als mannshoch. Eben pferdeöhrchen-hoch. Die Rettungsaktion gelang, um das vorwegzunehmen: Mit dem Frontlader füllte der spanische Arbeiter den Graben vorsichtig mit Erde an, bis sozusagen eine Rampe geschaffen war. Die Kinder, ungeachtet der Dornen an den Beinen und Bäuchen (Bikini – wir kamen ja gerade aus dem Pool!) schnitten und rissen die Dornen weg und befreiten Harfa nach und nach. Mit einem kraftvollen Satz befreite sie sich aus ihrer misslichen Lage – und lief nach Hause zu ihren Freunden. Tränen der Erleichterung flossen bei uns.
Das Pferdeleben auf einer andalusischen Finca
Es war ein Kulturschock. Das Leben der Pferde auf einer spanischen Finca ist anders als in Deutschland. Das Futter ist manchmal knapp. Wer nichts findet, magert ab. Wer nicht aufpasst, stürzt in Gräben. Wer nicht gefunden und gerettet wird, stirbt. Wer nicht gesund und geschickt ist, hat vielleicht nicht das Glück zu überleben! Die Gefahren, die Pferden drohen, sind anders, als in Deutschland- hier stirbt man als Pferd an Koliken weil die Wiesen zu fett sind, holt sich Hufrehe oder Beinschäden wegen der weichen Böden. Man lebt eventuell auch unter Schmerzen weiter, weil es Menschen gibt die ein weiches Herz haben und Pferde pflegen.
Abends in die Schlafsäcke gewickelt gab es Diskussionen, was denn nun richtig war: Das Pferdeleben in der wildnis-ähnlichen Großartigkeit einer andalusischen Finca, oder jenes in der Sicherheit und Geborgenheit eines deutschen Offenstallbetriebes? Wenn es sich die Pferde aussuchen könnten?
Eines Nachmittags nahm uns Ulrike mit auf den „Geierhügel“. Dort hatte man früher die Pferde „entsorgt“, die gestorben waren. Wir fanden Gerippe, Schädelknochen und machten viele anatomische Studien. Und diskutierten wiederum die Andersartigkeit des Lebens. Bei uns landen tote Pferde in der Tierkörper-Verwertung. In Andalusien verwertete sie die Natur: Auch Geier sind Tiere und brauchen zu essen. Ulrike erzählte liebevoll von den Pferden, deren Knochen wir -nach anfänglicher Scheu- in Händen hielten. Und die Ulrike, da sie auch Geier liebt, damals einfach auf den Berg gelegt hatte für ihren letzten Weg.
Tierliebe unter verschiedenen Gesichtspunkten
– unverändert bleibt, was man „horsemanship“ nennt: Auch wenn der eine oder andere Kulturschock zu verkraften war, lernten die Kinder doch, dass, wo immer man mit Pferden hantiert, Fairness und Sachverstand im Umgang notwendig ist:
Die zwölf Pferde, die wir nutzen durften, hatten eine ehrliche Grundausbildung und waren fein geritten. Vertrauensvoll ließen sie sich holen, satteln und pflegen. Selbst ein Pferd aus dem Graben zu retten braucht Wissen und Können. Und alles, was bei uns über gutes Reiten gilt galt auch da. Das zeigte sich auch, als wir zu einem „Gastvortrag“ der Trainerin vor Ort eingeladen wurden: Andere Methoden sind spannend und man kann viel lernen durch das Diskutieren und Vergleichen von Ausbildungsmethoden, solange sie fair sind. Und es gibt Grundsätze, die bleiben, unter guten Pferdeleuten.
Roundpenarbeit ist nicht die Gewohnheit der Tellington Jugend
Und dennoch – vieles erinnerte daran, was wir tun: Die Wichtigkeit wo der Körper steht. Die Wichtigkeit meiner geistigen Einstellung. Die Ruhe und Klarheit. Der Respekt in der Annäherung. Danke Janine für die schöne Vermittlung deiner Art von Horsemanship.
Eine Woche war viel zu kurz. Die meisten Jugendlichen waren im Oktober 2009 wieder dabei. Diesmal vielleicht ohne die allergische Reaktion auf Katzenflöhe, denn nicht nur die Pferde müssen etwas härter sein im nehmen, auch Carlita musste das zeigen- und sie hat unser aller Bewunderung!
Gestüt/Finca – La Cañada del Robledo
auch zu finden bei Reiten weltweit Andalusien
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